Analyse von Taktzeiten mit Cosmino MES Plus
By Matthias Kohlbrand In Die Taktzeit einer Maschine oder Linie zum Bearbeiten einer Einheit (TE = Zeit je Einheit) zu kennen, ist die Voraussetzung zur Kalkulation von Angeboten sowie zur Definition von Leistungszielen. Denn auch Kennzahlen, wie z.B. die Maschineneffektivität, benötigen valide Vorgabezeiten, um das komplette, vorhandene Optimierungspotenzial aufzuzeigen. Das tägliche Berichtswesen und die Kalkulation sind ohne valide Taktvorgaben nicht zuverlässig. Auch eine Feinplanung von Aufträgen würde auf falschen Annahmen basieren.Für die Berechnung der Gesamtanlageneffektivität (OEE) wird meist der sogenannte Technische Takt als Zykluszeit für den Herstellungsprozesses einer Zyklusmenge herangezogen (Technischer Takt = Maschinenzeit + Bedienzeit). In der Kalkulation neuer Produkte und Kundenanfragen berücksichtigt man zusätzlich diverse Aufschläge – denn keine Maschine läuft mit einer OEE von 100%.
In Zeiten ohne Vorgabezeitermittlung nach REFA, in denen Arbeitspläne häufig nur „kopiert“ werden, ist die Suche nach dem richtigen Takt als Vorgabezeit und für die Kalkulation oft eine Daueraufgabe, die sehr viel Einsparungspotenzial bietet.
Bei einer Angebotskalkulation mit realistischen Taktwerten ist jedoch nicht nur die Gefahr eines Verlustes ausgeschlossen. Mit Kenntnis der tatsächlichen Untergrenze für ein kalkuliertes Angebot gewinnt man vielleicht Aufträge, die man zuvor aus Nichtwissen abgelehnt hätte.
Ähnlich verhält es sich beim Kontinuierlichen Verbesserungsprozess (KVP), dem man, im Vertrauen auf die vermutete Effektivität, oft nicht den notwendigen Stellenwert zuspricht. Stellt sich dann heraus, dass man von der prozessbedingt erwarteten OEE viel weiter entfernt ist als angenommen, rückt der KVP auch wieder mehr in den Fokus.
Cosmino MES Plus zeigt für die Laufzeit eines Produktes an einer Maschine daher gleich mehrere „Taktarten“ an, um die Brauchbarkeit der in Kalkulationen und Vorgabezeiten verwendeten Taktzeiten zu überprüfen.
Abb.: Cosmino Schichtbericht mit „Eingestelltem Takt“, Plan-Takt und „Berechnetem Takt“ je Produkt in einer Schicht.
Der Plan-Takt ist der definierte Vorgabetakt für einen Auftrag. Dieser ist abhängig davon, welches Betriebsmittel verwendet wird und gegebenenfalls auch davon, wie viele Personen gleichzeitig an einem Arbeitsplatz tätig sind. Für eine OEE-Berechnung sollte der Plan-Takt dem technischen Takt entsprechen. Daher sollte dieser korrigiert werden, wenn sich basierend auf Taktanalysen aus dem Cosmino Reporting herausstellt, dass der Plan-Takt nicht erreicht wird.
Der „berechnete Takt“ ist der Durchschnitt aller Taktzyklen des zugrundeliegenden Zeitraums. Er weicht bei Stillständen und Taktschwankungen vom Plan-Takt ab, ist aber der Takt, mit dem ein bestimmter Auftrag am Ende tatsächlich produziert worden ist. Er ist jedoch nicht der Mittelwert des Ist-Taktes, sondern berücksichtigt alle gemessenen Takte, inklusive der langen Takte der Stillstände. Daher sollte der „berechnete Takt“ einer Produktlaufzeit zur Kalkulation dieser Produktlaufzeit passen. Da Cosmino jeden einzelnen ermittelten Takt während einer Laufzeit misst, finden sich auch Taktschwankungen im „berechneten Takt“ wieder, wenn dieser im Andon-Board des Cosmino WorkerPoints in Echtzeit berechnet wird. Der ebenfalls dort visualisierte Plan-Takt wird sich dagegen gar nicht und der nachfolgend erklärte „eingestellte Takt“ hoffentlich nur sehr selten ändern.
Der "eingestellte Takt" ist eine Besonderheit von Cosmino MES Plus, die mit der Erfassung und Analyse von Taktabweichungen zusammenhängt. Es handelt sich hierbei um die Taktzeit, mit der die Maschine bewusst gefahren wurde. Gründe wie z.B. schlechtes Material führen dazu, dass der Maschinenführer bewusst von den Vorgaben abweicht. Dann ist es erforderlich, über den Cosmino Online-Dialog auch den neu eingestellten Takt zu erfassen. Denn zum einen kann bei dieser Gelegenheit gleich der Grund für die absichtliche Taktabweichung angegeben werden (z.B. „falsche Vorgabezeiten“, falls die Maschine eigentlich schneller laufen kann), zum anderen würde Cosmino den Maschinenverantwortlichen sonst ununterbrochen darauf hinweisen, dass der „berechnete Takt“ vom Plan-Takt abweicht.
Abb.: Echtzeit-Takte einer Maschine im Andon-Board des Cosmino WorkerPoint. Variabel einstellbar ist, auf welcher Zeitbasis sich der „berechnete Takt“ in der Echtzeitvisualisierung berechnet. Im Beispiel arbeitet die Maschine derzeit tatsächlich schneller als vorgegeben und eingestellt.
Unabhängig vom „eingestellten Takt“ dient der Plan-Takt weiterhin als Vorgabe für die Kennzahlenermittlung. Warum eine Maschine in abweichender Geschwindigkeit gefahren wurde, ist aber auch ein wertvolles Feedback.
Für Auswertungen wie Zykluszeitenanalysen und den Schichtbericht wird der berechnete Takt dann jeweils auf die zugrundeliegende Zeiteinheit aggregiert. So bietet sich dem Analysten ein gutes Bild über den tatsächlich erfassten (durchschnittlichen) Takt eines Produktes.
Um nun den tatsächlichen Technischen Takt eines Artikels auf einer Maschine zu ermitteln, können die erfassten Einzeltakte (Ist-Takte) ohne Anlagenstillstände untersucht werden. Der kürzest je gemessene Takt könnte sogar als Schleppzeiger gespeichert werden. Ein ähnliches Verfahren ist auch im Energiemanagement gängige Praxis. Wird dieses gespeicherte Minimum unterboten, wird der neue Wert vom Schleppzeiger übernommen.
Grundsätzlich zeigen bereits die Zykluszeitenanalysen und die Analyse der Taktabweichungen, welches Produkt auf welcher Maschine am weitesten von den Vorgabezeiten abweicht. Hier hießt es dann schleunigst „Plan-Takt anpassen“ und diese Änderung auch bei der Kalkulation von Angeboten berücksichtigen.
Abb. Taktanalysen: Die Analyse der Taktverlangsamungen auf einer ausgewählten Maschine zeigt zunächst die Taktverlangsamungen eines jeden Artikels, der im Analysezeitraum bearbeitet wurde (links). Der kritische Artikel verliert pro Woche über 15 Stunden, während die durch Taktverlangsamung entstehenden Verluste am zweiten Artikel kaum ins Gewicht fallen. Natürlich kann für jeden Artikel auch eine Historie der Taktverlangsamungen angezeigt werden, um festzustellen, ob der aktuelle Wert ein Ausreißer oder der Normalfall ist.